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Klimaresilientes Bauen

Der Weltklimarat hat in seinem letzten IPCC-Sachstandsbericht im Februar 2022 festgestellt, dass die Klimarisiken weltweit zunehmen. Die Erderwärmung und daraus resultierende Klimaänderungen stellen auch den Bausektor vor neue Herausforderungen.

Ein globaler und grundsätzlich sicherlich richtiger Ansatz ist, möglichst klimagerecht und nachhaltig zu bauen, um den Einfluss des Bauens auf das Klima in seiner Gesamtheit, also vom Landverbrauch bis hin zur Errichtung der jeweiligen Bauwerke zu minimieren. Ein wesentliches Potential auf dem Weg zu einer Schaffung eines klimaneutralen Gebäudebestandes besteht in der Umsetzung von Maßnahmen zur Wärmedämmung und durch den Einbau von intelligenten Heizsystemen, die von fossilen Brennstoffen unabhängig sind. Dies leistet ein Beitrag dazu, eine weitere Verstärkung der Klimafolgen zu reduzieren.

Extreme Wetterereignisse nehmen wohl in ihrer Intensität und Häufigkeit auch in Mitteleuropa zu, daraus resultiert nicht zuletzt ein erhöhtes Schadensausmaß. Die Flutkatastrophe im Juli 2021 in unserer Heimatregion hat gezeigt, welches Ausmaß die Schäden durch Extremereignisse annehmen können. Sichtbare und relevante Klimafolgen mit Blick auf das Bauwesen sind z.B. extreme Hitze, Starkregen, Überschwemmungen und Stürme.

Über bisher bei der Planung bereits berücksichtigte Belastungssituationen, wie z.B. Schneelasten oder Erdbeben macht man sich keine Gedanken. Hierzu gibt es allgemein anerkannte Regeln der Technik und diese werden selbstverständlich bei den Planungen berücksichtigt. Auch die Problematik der Belastung bei Sturm ist in den Regelwerken verankert („Windlasten“), muss aber ggf. nachgeschärft werden.

Aus den oben beschriebenen Klimafolgen ergeben sich weitere Belastungssituationen, die zumindest in dem erforderlichen Umfang nach den aktuellen Regelwerken bislang nicht berücksichtigt wurden. Hier wird man zukünftig z.B. der Planung von Bauwerken oder Infrastrukturanlagen oder auch bei der Quartiersgestaltung Überlegungen anstellen müssen, um derartigen Belastungsfällen standhalten zu können. Eine wichtige Aufgabe wird dabei die Definition der anzusetzenden Schutzziele sein.

Um die Gefährdung aus den bereits eingetretenen Klimaänderungen zu minimieren, ergibt sich über das nachhaltige, klimaschonende Bauen hinaus zusätzlich die Notwendigkeit, die Bauvorhaben selbst im Hinblick auf die aus den Klimafolgen resultierenden Extremereignisse so anzupassen, dass sie für die definierten Schutzziele der jeweiligen Belastung standhalten können.

Bei der Neukonzeption von Quartieren und Gebäuden ist mit Blick auf die Belastungssituation „Extreme Hitze“ zu beachten, dass die Verwendung dunkler Baustoffe zur Aufheizung der Oberflächen führt. Ungünstige Bauwerksstellungen beeinträchtigen zudem den Luftaustausch. Durch die Verwendung entsprechender heller Materialien und durch eine geeignete Anordnung der Bauwerke kann man der Belastung aus extremer Hitze entgegenwirken. Darüber hinaus können konstruktive Maßnahmen, wie z.B. die Ausstattung von Fenster mit Sonnenschutzanlagen und/oder der Einsatz von Sonnenschutzverglasungen helfen, des Weiteren auch Dämm-Maßnahmen und Beschattung.

Auf Quartiersebene können bei dem Belastungsfall „Extreme Hitze“ Grünzüge erhebliche Erleichterung bringen. Dadurch wird zusätzlich das Stadtklima, die Biodiversität und die Schadstoffbelastung der Luft positiv beeinflusst, was zu einer deutlichen Verbesserung des Wohnumfeldes und der Aufenthaltsqualität beiträgt. Bei der Neuplanung können die beschriebenen und auch weitere Ansätze zum Schutz gegen extreme Hitze naturgemäß leichter umgesetzt werden als im Bestand. Aber auch im Bestand kann durch Einsatz der dort möglichen Maßnahmenkombinationen eine deutliche Verbesserung erreicht werden.

Um Starkregenereignissen und Überflutungen begegnen zu können, ist ein sehr wirksamer Ansatz die Verminderung des Abflusses und die Verbesserung der Rückhaltemöglichkeiten in den Einzugsgebieten und an den Gewässern außerhalb der bebauten Bereiche.

Darüber hinaus können in Abhängigkeit vom Gefährdungspotential und dem definierten Schutzziel im Rahmen des Objektschutzes Bauwerke und Gebäude so ausgebildet werden, dass Überflutungen durch die Einplanung entsprechender konstruktiver Maßnahmen nicht zu Schäden führen. Im Hochbau können das z.B. klassische Objektschutzmaßnahmen wie die Schottung von Türen sein. Bei Neubauten können tiefliegende Bereiche so ausgebildet werden, dass kurzzeitige Überflutungen nicht zu Schäden führen. Beispiele hierfür sind z.B. Tiefgaragen, die geflutet werden können. Auch auf den Schutz der technischen Gebäudeausrüstung ist ein besonderes Augenmerk zu legen. So können z.B. Heizungen oder Schaltanlagen in nicht überflutungsgefährdeten Geschossen oder geschotteten Kellerräumen untergebracht werden.

Bei der Ausweisung neuer Baugebiete kann ein Überflutungsschutz aber z.B. auch durch eine ausgeklügelte Geländegestaltung erfolgen, die eine unschädliche Ausbreitung des überstauenden Wassers bei Überflutungen berücksichtigt.

Die verstärkt auftretenden Extremereignisse führen dazu, dass in Abhängigkeit von den hierzu definierten Schutzzielen bauliche und technische Maßnahmen zum Schutz von Hab und Gut und zum Schutz der systemrelevanten Infrastruktur erforderlich werden. Dies ist bei den zugehörigen Planungen zu berücksichtigen. Mit den jeweiligen Fachabteilungen der PE Becker GmbH setzen wir dies gerne im Sinne unserer Kunden um.

Dipl.-Ing. Andreas Göttgens,
Geschäftsführer