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Komplexe Bauleitplanung in Rekordzeit abgewickelt – Erweiterung Gewerbegebiet Mechernich-Obergartzem –

Ablauf und Ziel des Planverfahrens

Der Beschluss zur Erweiterung und großflächigen Änderung des Bebauungsplans (B-Plan) Gewerbegebiet „Am Gartzemer Weg“ sowie des Flächennutzungsplans (FNP) der Stadt Mechernich (im Parallelverfahren) wurde vom Stadtentwicklungsausschuss am 05.06.2018 gefasst. Nach der 1. Beteiligungsrunde zum Vorentwurf, erfolgte der Beschluss zur öffentlichen Auslegung der Entwurfsfassung der Planunterlagen. Der abschließende Satzungs- (bzw. Feststellungs-) Beschluss erfolgte durch den Rat der Stadt dann acht Monate nach Start der ersten Planungsüberlegungen.

Parallel hierzu wurden die immissionsschutzrechtliche Genehmigung und infrastrukturelle Anbindung des Bauvorhabens vorbreitet. Der 1. Spatenstich vor Ort fand am 17.05.2019 statt. Geplante Bauzeit des neuen Werks: ca. 2,5 Jahre.

Ziel war die Schaffung einer 22 ha großen, industriellen Werksansiedlungsfläche für einen Molkereibetrieb im Gewerbegebiet Mechernich-Obergartzem. Künftig sollen an diesem Standort rund 800 Millionen Liter Rohmilch im Jahr durch mehr als 250 Mitarbeiter zu hochwertigen Milchprodukten weiterverarbeitet werden. Der bisherige BPlan musste angepasst und räumlich ausgedehnt werden. So konnte im Nordwesten des Plangebiets eine 13,6 Hektar (ha) große und in westlicher Richtung eine 8,7 ha Zusatzfläche bereitgestellt werden. Die ehemals geplante Einmündung in die Landesstraße L11 wurde zur künftigen Werkszufahrt.

Berücksichtigung vielfältiger Fachbelange

Das bis dato gebildete Plangebiet war gemäß dem Landschaftsplan 28 „Mechernich“ (Kreis Euskirchen) bis an seinen Rand umgeben von Landschaftsschutzgebieten (LSG). Gemäß Landesnaturschutzgesetz NRW, § 20 (4), tritt der Landschaftsschutz außer Kraft, wenn die Untere Naturschutzbehörde (UNB), des Kreises Euskirchen, im FNP-Verfahren nicht widerspricht und ein daraus entwickelter BPlan in Kraft tritt.

Am westlichen Rand der Erweiterungsfläche befindet sich ein nachrichtlich übernommener, geschützter Landschaftsbestandteil (kurz „LB“). In der ersten Stufe des Werksausbaus kann dieser erhalten bleiben, dauerhaft jedoch nicht. Nach Abstimmung mit der UNB war eine Überplanung möglich, hierfür wird ein angemessener ökologischer und artenschutzrechtlicher Ausgleich erbracht.

Der Immissionsschutz wurde durch Gliederung der Baugebietsflächen nach dem „Abstandserlass NRW“, in Abhängigkeit ihrer Entfernung zu den schutzwürdigen Nutzungen im näheren und weiteren Plangebietsumfeld berücksichtigt. Es konnte eine Zonierung in die Abstandsklassen IV bis VII ausgewiesen werden. Ein ausreichender Immissionsschutz ist, auch unter Berücksichtigung von Vorbelastungen, gewährleistet. Im eigentlichen Genehmigungsverfahren werden darauf aufbauend dann alle tiefergehenden, umweltrelevanten Parameter, die über die Regelungen eines BPlans hinausgehen, nochmals einer Detailprüfung durch die zuständige Genehmigungsbehörde unterzogen (sog. „Abschichtungsprinzip“ der Umweltverträglichkeitsprüfung).

Nach § 1, Abs. 5 Baugesetzbuch (BauGB) dienen die Bauleitpläne dazu, die natürlichen Lebensgrundlagen zu entwickeln und zu schützen. Die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege werden berücksichtigt. Im Rahmen des BPlan-Verfahrens wurde eine Umweltprüfung durchgeführt und ein sog. „Umweltbericht“ gem. den §§ 2 Abs. 4 und 2a BauGB mit integriertem „Landschaftspflegerischem Begleitplan“ zur Eingriffs-/Ausgleichsregelung erstellt. Ergebnisse der Umweltprüfung werden bei der abschließenden Abwägung des Stadtrates über die Vor- und Nachteile der Bauleitplanung sowie deren Umweltauswirkungen gem. § 1 Abs. 7 BauGB berücksichtigt.

Die hinzukommenden Erweiterungsflächen wurden durch einen Artenschutzgutachter über den Sommer 2018 hinweg regelmäßig beobachtet und um eine nochmalige Begutachtung des BPlan-Änderungsbereiches ergänzt. Dies erfolgt, um auszuschließen, dass es zwischenzeitlich Vorkommen gibt, die einem Baubeginn entgegenstehen könnten. Ergebnis dieser „Speziellen artenschutzrechtlichen Untersuchungen“ (sog. „ASP II“) war, dass es keinen Verbotstatbestand gab und die ehemals bereits festgestellten Artvorkommen (v.a. Brutvögel) sich auf den Neuflächen fortsetzen. Es fallen zusätzliche, künftig dauerhaft zu erbringende artenschutzrechtliche Vermeidungs- und CEF-Maßnahmen an. Hierfür wurden geeignete Flächen gesucht und im Wesentlichen auf nordwestlich gelegenen landwirtschaftlichen Freiflächen gefunden. Die artenschutzrechtlichen Maßnahmen wurden als Hinweise in die Planung übernommen.

Durch Verträge zwischen der Stadt Mechernich und den Eigentümern / Bewirtschafter der Ausgleichflächen, sowie einem öffentlich–rechtlichen Vertrag zwischen Stadt Mechernich und UNB Euskirchen erfolgt die eigentliche Regelung. Die Maßnahmenpflege muss dauerhaft ausgeführt werden. Deren Umsetzung wird jährlich mit der UNB per Monitoringbericht abgestimmt und belegt.

Neben dem B-Plan wurde eine Visualisierung mit Farbgebungsvorschlag zur Veranschaulichung und Beurteilung der Landschafts-, Ortsbild- und Denkmalverträglichkeit erstellt. Die Behandlung des Niederschlags- und Schmutzwassers wurde in einer Entwässerungskonzeption festgelegt. Hierfür wird unter anderem eine Betriebskläranlage errichtet.

Die Verträglichkeit des Werkes und die des induzierten Verkehrs wurde per Schallimmissions(prognose)gutachten mit den immissionsschutzrechtlichen Richt-/Orientierungswerten belegt. Ein umfassendes Verkehrstechnisches Gutachten zur Beurteilung des zu erwartenden Verkehrsaufkommens untersuchte, inwieweit die Straßenleistungsfähigkeit erhöht werden muss, bzw. negative verkehrliche Auswirkungen zu erwarten sind.

Im ursprünglichen BPlan bereits erfasst und aus diesem Grunde nicht neu erstellt: Archäologische Untersuchungen, Bodengutachten (Baugrund, Bodenbelastungen), Kampfmitteluntersuchungen.

Berücksichtigung der Beteiligungsergebnisse, abschließender Abwägungsprozess

Zur Aufstellung der B-Planänderung und -Erweiterung hatten die Öffentlichkeit sowie die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange Gelegenheit Stellungnahmen abzugeben. Diese wurden im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens gegeneinander und untereinander sachgerecht abgewogen und durch Einarbeitung in die Planung größtenteils berücksichtigt worden.

In der abschließenden Beurteilung aller berührten Aspekte überwog dann die grundsätzliche Entscheidung zur Plangebietsausweisung. Die bauplanungsrechtliche Grundlagenschaffung und anschließende Umsetzung des Molkereistandorts, nebst weiteren Synergien für die regionale Wirtschaft ist für die künftige Weiterentwicklung der Region Euskirchen von hoher Bedeutung. Art und Anzahl der vorher zu integrierenden Belange und Fachbeiträge belegen Komplexität und Stellenwert der Bauleitplanung für ein solches Ansiedlungsvorhaben.

Dipl.-Geogr. Rochus Mey